Samstag, 27. Februar 2016

Hitzetage! Arthurs Pass bis Queenstown


Der Deception River ist am nächsten Tag leider immer noch zu gefährlich. Deshalb beschließen wir jetzt weiter zu gehen und diesen Abschnitt allenfalls noch nachzuholen. Ich habe mir mittlerweilen ausgerechnet, dass ich mit dem Essen was ich noch habe, bis Lake Tekapo kommen müsste, falls ich mich etwas eingeschränke. So könnte ich den Umweg zum Einkaufen in Methven sparen. Das heißt aber auch, ich muss etwas schneller und weiter gehen in den nächsten Tagen. So entschliesse ich mich nach der Hamilton Hut alleine weiter zu ziehen.

Der nächste Tag beinhaltet einen Abschnitt, wo man einen Fluss überqueren muss. Diese Überquerung ist aber nicht wirklich möglich, weshalb es nicht Teil des Trails ist. Die offizielle Anweisung lautet: "hitchhiking down the road and up on the other side". Zum Glück ist Sonntag und ich finde gleich Möglichkeiten Autostopp zu machen. Mit drei verschiedenen Autos gelange ich an den Ausgangspunkt des nächsten Abschnitts. Das ging flott!

Ich komme jetzt in eine ganz andere Landschaft als zuvor. Sehr trocken. Kahle Berge bzw. Hügel. Die erste kleine Hütte lasse ich noch aus und gehe zur zweiten. Eine richtige Blechbaracke. Ein Vorgeschmack auf die Hütten die in nächster Zeit kommen sollten...

Am nächsten Morgen gehts gleich mit nassen Füßen los. Fluss hoch laufen ist angesagt. Dann über einen Pass. Das ginge ja ganz gut, wenn da ein Weg wäre. Doch stattdessen nur mannshohes Gras und dazwischen immer wieder dieses eklige, messerscharfe Gestrüpp. Mehr fluchend als sonst was erreiche ich endlich den Pass. Leider ist das was ich dahinter sehe nicht viel besser. Der Abstieg geht etwa gleich schlecht. Ab und zu komme ich auf dem Weg den ich eingeschlagen habe nicht mehr weiter und muss zurück gehen.

Dann treffe ich auf zwei Amerikaner, welche Richtung Norden laufen. Sie sagen mir, dass sie den letzten Fluss überquert hätten. Gut, so spare ich mir wieder einen riesigen Umweg! Ich gelange an diesem Abend noch kurz vor den Fluss. Ein langer Tag, speziell bei diesem Terrain an Anfang.

Am nächsten Morgen heißt es dann dieses Flusstal zu überqueren. Der erste Fluss sei der tiefste, hatten mir die beiden Amis gesagt. Hier reisst es mich dann auch fast um. Glück gehabt! Der Rest ist dann nur noch maximal kniehoch, also kein Problem mehr. Doch der Weg zieht sich. Fast drei Stunden brauche ich bis ich endlich auf der anderen Talseite ankomme. Die Hitze macht mir etwas zu schaffen. So bin ich dann schlussendlich sehr glücklich als ich es "nur" zur ersten Hütte geschafft habe. Ich beschliesse hier zu bleiben. Es sind nur zwei Jäger hier. Am Abend kommt dann aber auch noch Neil, ein Schotte, den ich schon einmal getroffen habe und Emmanuel, ein Franzose an. Ganz spät nochmals zwei Jäger. Der eine ein Kanadier. Er ist es dann auch der mir am nächsten Morgen ein Stück Fleisch von seinem Thar (ein Art Steinbock aus dem Himalaja) anbietet. Natürlich nehme ich dankend an.

Der folgende Wandertag ist dann hervorragend. Ich komme schnell vorwärts und erreiche am Nachmittag den höchsten Punkt des Te Araroa Trails, Stag Saddle. Der anschließende Abstieg über den Grat, mit Blick auf den Lake Tekapo ist wunderbar. Das anschließende Abendessen dann ein persönliches Highlight. Thar-Geschnetzeltes mit Nudeln und Sauce. Wow!

In Lake Tekapo finde ich dann mit viel Glück noch das letzte verfügbare Bett und kann wieder einkaufen. Am nächsten Morgen bekomme ich eine Nachricht von Laura. Sie käme heute gegen Mittag nach Tekapo. Was? Und ich dachte sie sei weit hinter mir. Ziemlich stark...

Ich warte dann noch, esse mit Laura und ziehe dann wieder weiter. Ein langer Straßenabschnitt steht an. Der Blick auf Mount Cook entschädigt dann etwas für die Kilometer in der Hitze auf der Schotterstrasse. Schlussendlich hole ich Emmanuel, der nicht in Lake Tekapo gestoppt hat, wieder ein und wir Zelten am See.

In Twizel mache ich nur einen kurzen Stop um einzukaufen und gehe dann noch bis zum nächsten See, wo ich mein Zelt aufschlage.

Am folgenden Tag steht wieder eine sehr lange Etappe an. Über einen Pass geht es, ein Tal hinunter, um dann noch einen größeren Fluss zu überqueren. Alles geht gut und schneller als gedacht. So gehe ich noch weiter, wieder ein Tal hoch. An einem Parkplatz starte ich mit zwei Biker die ungefähr das gleiche Ziel haben. Am Anfang im flachen Teil sind sie schneller, doch sobald es berghoch geht, hole ich auf. Schlussendlich bin ich etwa eine halbe Stunde vor ihnen bei einer Hütte angelangt. Eigentlich wollte ich noch etwas weiter gehen, doch die beiden Franzosen Clement und Mattieu überreden mich zu bleiben. Es wird wieder ein guter Abend mit Franzosen.

Martha saddle liegt zu Beginn des Tages vor mir. Eine wunderbare Offroad-Strecke wäre dies. Doch ich muss hier einfach so hinauf laufen... Der Abstieg auf der anderen Seite ist auch recht beeindruckend. Nicht wegen der Schwierigkeit, sondern weil es sich um einen Bulldozer-Weg handelt.

Das folgende Tal hat es dann in sich. Der Weg geht immer wieder auf der einen Talseite hoch, um ein Stück des Flusses zu umgehen. Im letzten Hüttenbuch habe ich gelesen, dass es besser ist immer im Tal, also im Fluss zu bleiben. Das ist zwar schneller, aber ich verpasse auch fast die Abzweigung, wo es zu der nächsten Hütte hoch geht. Da mir plötzlich eine Schlucht den Weg versperrt, klettere ich durch die Bäume den Hang hoch und treffe genau auf den Wegweiser. Jetzt habe ich aber ein anderes Problem - für den nächsten Aufstieg sollte man genügend Wasser vom Fluss mitnehmen... Wieder zurück hinunter zum Fluss will ich nicht. Ich habe nur noch etwa zwei Deziliter. Ich hoffe, dass es irgendwo Wasser gibt. Es wird meine schwerste Stunde seit langem.

Ich trinke normal relativ viel wenn ich laufe. Jetzt macht mich der Aufstieg und die Hitze fertig. Ich wünsche mir nichts mehr als ein kleines Rinnsal. Ich würde sogar Wasser aus einer Pfütze filtern. Wenn ich doch nur endlich Wasser hätte!

200 Meter vor der Hütte finde ich dann tatsächlich das erhoffte Rinnsal. Ich trinke zuerst einmal viel Wasser. Dann fülle ich meine beiden Flaschen komplett auf. Sowas möchte ich nicht nochmal erleben!

Die Hütte ist schon voll besetzt. Ich erhole mich etwas, schreibe ins Hüttenbuch ein, dass ich fast gestorben wäre und ziehe dann weiter in Richtung "Breast Hill" und der nächsten Hütte.

Jetzt habe ich genügend Wasser und ich trinke wieder viel. Jetzt mehr um das Gewicht wieder zu reduzieren. Wasser und Essen treibt das Gewicht des Rucksacks in die Höhe. Normalerweise trage ich nur etwa einen halben Liter Wasser mit mir.

Der Trail zum Breast Hill ist nicht wirklich ein Trail, zumindest kein Wander - Trail. Es ist eine Offroad-Piste. Hier mit einem Geländewagen unterwegs sein - ein Traum!

Von Breast Hill gibt es dann eine gute Aussicht über die Seen und die südlichen Alpen. Ich genieße den Abend auf dem Gipfel und gehe dann allmählich runter zur Hütte. Dort befindet sich nur ein französisches Paar. Wenn ich da an die letzte Hütte denke...

Am nächsten Morgen heißt es erst einmal 900 Meter absteigen. Dann eine Wanderung dem Hawea Lake entlang. In einem Kaffee mache ich halt. Dort treffe ich auf Nicola, einen Italiener. Er läuft mit mir Richtung Wanaka, obwohl er mit dem Mountainbike unterwegs ist. Nicola führt im Sommer eine Berghütte im Gran Paradiso Nationalpark. Er ist hier zu Besuch bei einem Freund. Kurz vor Wanaka lädt mich Nicola zum Mittagessen ein. Pasta. Da sage ich nicht "Nein".

Zuerst frage ich mich, wo geht der da hin. Wir steigen in ein ausgetrocknetes Flussbett hinab. Und dort steht dann ihre Unterkunft - eine Jurte! Gianni ist auch da. Er ist Bergführer und verbringt den Winter hier in Neuseeland. Wir unterhalten uns, essen Pasta und gehen dann zusammen nach Wanaka.

Hier suche ich mir ein Bett in einem Hostel. Ohne den geringsten Erfolg. Alles komplett ausgebucht! Chinesisches Neujahr. Langsam habe ich genug. Ich versuche mein Glück dann auf dem Campingplatz. Nun, Platz hat es, doch es ist ein Ding der Unmöglichkeit mein Zelt hier aufzustellen. Der Boden ist ausgetrocknet und steinhart...

Ich mache mich wieder auf. Mein Plan: etwas essen und dann den See entlang laufen und irgendwo Zelten. Als ich nach meinem indischen Nachtessen die Hauptstrasse hinunter laufe, ruft mir jemand zu: Marc! Es sind Nicola und Gianni. Sie sitzen genüsslich bei einem Bier. Ich könne bei Ihnen in der Jurte übernachten. Perfekt! Der speziellste Platz bisher!

Am Morgen laufe ich dann dem See entlang und steige dann zum nächsten Abschnitt hoch. Es handelt sich hierbei um die Farm von Shania Twain. Oder Ex-Farm, da sie jetzt ihrem Ex-Mann gehört. Der Trail ist sehr steil. Vielleicht der strengste Abschnitt des ganzen Te Araroa Trails. Die drei Hütten sind vielleicht die schönsten. Gesponsert von Shania Twain?

Ich schaffe es bis zur zweiten Hütte. Eigentlich wollte ich noch eine weiter, denn es ist erst kurz nach vier Uhr. Dann sagen mir einige Wanderer, dass sie acht Stunden gebraucht hätten für diesen Abschnitt. Ich entschliesse mich zu bleiben. Es wird ein guter Abend.

Am nächsten Tag sehe ich dann wieder wie unterschiedlich jemand einen Trail sehen kann. Nach nicht einmal drei Stunden bin ich bei der nächsten Hütte. Drei, nicht acht...

Ich komme dann noch bis kurz vor Arrowtown, wo ich mein Zelt aufschlage. Der nächste Tag führt mich nur noch nach Queenstown. Der für mich hässlichste Abschnitt auf der Südinsel. Kläranlage, Industriegebiet, Einkaufcenter. Tolle Routenwahl!

Queenstown reisst mich dann auch nicht gerade von Hocker. Eine Art "St. Moritz für Arme" halt. Wenigstens habe ich Glück und bekomme gleich im ersten Backpacker ein Bett. Nicht gerade üblich. Dann habe ich nochmals Glück, denn es gibt wieder Steak als "Spezial of the day"!

Sonst heißt Queenstown für mich: einkaufen für den Rest des Trails, Karten ausdrucken, viel essen und viele Milkshakes!
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Donnerstag, 18. Februar 2016

Berge und Flüsse - Neuseeland von der besten Seite

Von St. Arnaud ziehen Laura und ich relativ spät weiter. Ihre Tante ist letzte Nacht verstorben und dementsprechend ist die Stimmung nicht gerade fröhlich.
Auf dem Weg zur Hütte treffe ich auf "meinen" ersten NOBO (Northbounder). Mike Jurasius aus Kalifornien.


Am nächsten Morgen steht ein Pass an. Viel schneller als gedacht bzw. ausgeschrieben bin ich oben. Dann der Abstieg. Ich hasse abwärts laufen. Doch hier geht's überraschend gut. Nach der West Sabine Hut geht's nur noch hoch zum Blue Lake, dem angeblich saubersten See der Welt. Amerika lässt grüßen...

In Blue Lake Hut treffe ich auch auf Laurent, einen Kletterer aus Frankreich. Er hat sich in den letzten Tagen eine Gitarre aus einem alten Skateboard gebaut. Ich bin immer wieder überrascht wieviele Franzosen ich auf dem Trail antreffe. Durchwegs sehr angenehme Zeitgenossen!

Von Blue Lake geht es hoch zum Waiau Pass. Zuletzt 500 Höhenmeter gerade hoch durch ein Steinfeld. Für mich gutes Terrain, da bin ich schnell.

Oben angekommen heißt es für mich dann aber warten bis Laura und Laurent kommen. Es weht ein ziemlich kalter Wind und so bin ich froh, als wir endlich absteigen können. Hier ist Laurent in seinem Element. Es ist ziemlich felsig und einige kleinen Klettereinlagen sind nötig. Unten angekommen sehe ich Laura viel zu weit links durch die Felsen herunterklettern. Sie steuert geradewegs auf eine große Felswand zu. Ich steige nochmals hoch, um sie da raus zu lotsen. Irgendwie schafft sie es dann nach unten. Doch die "Verrückte" steigt ohne Rucksack wieder hoch. Was ist los? Sie sucht etwas. Als ich sie dann treffe weiß ich auch was. Sie hat ihre Wanderstöcke irgendwo hinunter geschmissen. Doch jetzt findet sie sie nicht mehr...

Wir lassen die Wanderstöcke Wanderstöcke sein und ziehen weiter. Ich beschliesse dann unten im Tal mein Tempo zu gehen, um so bis in die noch weit entfernte Anne River Hut zu kommen. Spät abends schaffe ich das dann auch und treffe auf das Schweizer Paar Lisa und Yannic, welche mit uns in der Richmond Range unterwegs waren. "Einmal Berner Platte, bitte!"

Ich habe jetzt die Möglichkeit gesehen, dass ich in Hamner Springs zu einem Steak kommen kann. So ist mein Plan am nächsten Tag bis zur Straße zu gelangen und dann per Autostopp in die Stadt. 60 km entfernt.

Ich bin dann auch recht zügig an der Straße. Es hat viele Autos, doch keines hält an. Was ist nur mit diesen A... los?! Mit der Zeit kommen auch noch Lisa und Yannic und Georg, ein Deutscher an. Autostopp zu viert? Unmöglich. Dann taucht aus der anderen Richtung nochmal jemand auf. Schei...

Irgendwann hält dann ein Surfer an. Das Auto vollgestopft, Platz für eine Person - mich! Der Fahrer ist halb Australier, halb Deutscher. Wir unterhalten uns gut. Er hat die letzten Jahre eine Landwirtschaft in der Slowakei geleitet, für seinen Vater. Jetzt will er Landwirtschaft studieren - in Vancouver. Nicht schlecht!

In Hamner Springs habe ich dann wirklich Glück. Der "Deal of the day" ist 500g Steak für 20$. Da überlege ich nicht lange!

Am nächsten Tag brauche ich wieder unendlich lange bis mich jemand mitnimmt, zurück auf den Trail. Liegt es an meinem wilden Aussehen mit meinem Bart oder wirklich nur an diesen einzelnen grauen Barthaaren?

Schlussendlich gelange ich wieder zurück auf den Trail. Bei der ersten Hütte finde ich eine Notiz für mich! Laura ist hier am morgen früh vorbeigekommen. Sie hat es gestern nicht mehr geschafft in die Stadt zu kommen. Nun ist sie wieder vor mir. Der Weg ist ziemlich einfach und es geht schnell weiter. Am Abend erreiche ich tatsächlich die gleiche Hütte wie Laura. Ich sehe sie drinnen sitzen, schleiche mich vor die Tür und beginne "El Condor Pasa" zu pfeifen. Natürlich weiß sie direkt wer da an der Tür ist und kommt herausgerannt.

Der nächste Tag wird nass und immer nässer. Die kleinen Bäche die wir zu überqueren haben, steigen immer mehr an. Ich bin spät gestartet. Als ich Laura endlich einhole, ist es nur noch ein kurzer Weg zur Hütte. Gut so...

In der Hütte macht sich dann etwas Sorge breit. Ist es möglich am nächsten Tag weiter zu gehen? Sind die Flüsse überquerbar? Ein älterer Amerikaner ist fast schon hysterisch. Ami halt...

Laura und ich sind die ersten die am nächsten Morgen aufbrechen. Mal sehen wie der Fluss ist. Zurück können wir immer wieder. Es geht erstaunlich gut und der Himmel klart sogar auf. Doch weiter hinten im Tal, da wo sie Hütte ist, ist es immer noch dunkel. Schlussendlich bleibt die ganze Meute in der Hütte, bis auf uns und Dain, einem recht schnellen Hiker aus Colorado.

Das letzte Rivercrossing ist dann schon recht heftig. Wasser bis zum Bauchnabel und ordentlich Strömung. Ich bin mehr als froh, als wir beide drüben sind. Jetzt geht es nur noch das Tal hinaus, um dann ein letztes Mal einen Fluss zu überqueren. Wir haben beschlossen den "Deception River" auszulassen, da er momentan zu gefährlich ist. Eine Woche zuvor ist eine Frau darin ertrunken.

Wir gelangen also per Autostopp nach Arthurs Pass, wo wir auch ein Bett in einem Dorm erhalten. Das Essen im einzigen Restaurant ist gut und teuer. Doch was soll's.

Am nächsten Tag gehen wir nochmals zum DOC Büro, um zu fragen wie die Situation im Deception River Valley ist. Unverändert gefährlich! Wir mögen aber nicht richtig weiter ziehen. So beschließen wir kurzerhand so etwas wie einen Ruhetag einzulegen. Doch wir wollen den Avalanche Peak besteigen. 1100 Höhenmeter, 2,5 Kilometer Distanz. Also ziemlich steil und gerade hinauf. Mit fast leerem Rucksack fühle ich mich als hätte ich Flügel. 1 Stunde 3 Minuten später stehe ich auf dem Gipfel. Das hat gut getan!
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